Letzte Änderung am 10.10.2005

Veteranen-, Soldaten- u. Reservistenkameradschaft, gegr. 1886



Restaurierte Fahne und ihre Geschichte
(von Gottfried Siebler)

Etting: Eine Fahne zu besitzen, war und ist sicher der Stolz jeden Vereines, zumal dieses Symbol lebendiges Brauchtum und praktizierte Tradition wiederspiegelt. Prachtvolle Tücher und Standarten erzählen oft einzigartige Geschichten. So auch bei der Veteranen-, Soldaten und Reservistenkameradschaft Etting, wo die Mitglieder des im Jahr 1886 gegründeten Vereins erst dann den richtigen Sinn einer Gemeinschaft erfüllt sahen, wenn sie ein würdiges Symbol bei kirchlichen Feiern und weltlichen Festen voran tragen können. Im Protokollbuch ist zu lesen: "Es begaben sich beherzte Männer auf den Weg zu ihren Mitgliedern, Freunden und Gönnern, um für eine Vereinsfahne zu sammeln". Keiner schloss sich aus und somit konnte noch im Gründungsjahr bei der Taubstummenanstalt Zell bei Hilpoltstein eine Fahne in Auftrag gegeben werden.

Auf der einen Seite des Fahnentuches sollte der Ettinger Kirchenpatron, der hl. Erzengel Michael aufgestickt sein (siehe Foto oben) und auf der anderen Seite die Bayerischen Löwen mit der Königskrone. Alle Ettinger freuten sich auf den Tag der Fahnenweihe im Jahr 1887. Die kirchliche Weihe vollzog ein Geistlicher aus Eichstätt. Der Bruderverein aus Gerolfing stand damals Pate, dessen Vorstand Koppenhofer das Erinnerungsband überreichte, verbunden mit einer sinnvollen Ansprache. Alle zwölf, damals bestehenden Vereine in der Region, folgten der Einladung. Es waren dies der Krieger- und Veteranenverein Gaimersheim, zwei Vereine aus Ingolstadt, zwei aus Kösching, sowie je einer aus Böhmfeld, Eitensheim, Zuchering, Karlshuld, Großmehring und der Gesangsverein "Eintracht" Ingolstadt. Bis in die Abendstunden hinein hielt die gute Feststimmung an und jeder auswärtige Verein wurde mit Musik bis an das Dorfende begleitet. Als letzter der Vereine sollte der Gesangsverein "Eintracht" besonders feierlich verabschiedet werden - es waren dem Chor für die vielen Gesangseinlagen zum Abschied drei Böllerschüsse zugedacht. Durch falsches Manipulieren entlud sich vorzeitig ein Böller und riss dem Schussmeister Kaspar Kraus den Zeigefinger der linken Hand weg. Auch die Sehkraft des linken Auges war in Mitleidenschaft gezogen worden und man musste Schlimmstes befürchten. Die bis dahin so schöne Fahnenweihe wurde abgebrochen und einer nach dem anderen verließ das Fest. Zur Freude aller besserte sich bereits am nächsten Tag die Sehkraft des Kaspar Kraus und es blieb kein Sehfehler von der erlittenen Verletzung zurück. Die Fahne war in der Folgezeit bei vielen Anlässen dabei und kehrte mit zahllosen Erinnerungsbändern zurück. Doch nach der Wiedergründung der Kameradschaft im Jahr 1957 wurde das Fahnentuch immer schlissiger und die Verzierungen brüchiger. Zudem war die Fahnenspitze, der bayerische Löwe, in den Kriegsjahren spurlos verschwunden. Man kaufte Fahnenstoff und mit vielen Stichen von Schneidermeister Willi Männl und der Vorstandsfrau Gretl Gaul bekam die alte Fahne wieder ein erträgliches Aussehen. Bis zum im Jahr 1961 anstehenden 75-jährigen Gründungsfest - hierzu wurde bei einer niederbayerischen Fahnenstickerei eine neue Fahne in Auftrag gegeben. Die Patenschaft bei der Weihe übernahm bereitwillig die 13er-Kameradschaft Ingolstadt, als Fahnenmutter stellte sich Margarete Kolar zur Verfügung. Der feierliche Weiheakt und der Festzug ist heute noch vielen Ettingern in Erinnerung. Jetzt, wo im nächsten Jahr der Traditionsverein 120 Jahre alt wird, war das Fahnentuch nach den zahllosen Festlichkeiten der letzten 44 Jahre immer unansehnlicher geworden und musste restauriert werden. Mit berechtigtem Stolz, auch wenn die Vereinskasse stark beansprucht wurde, nahmen 1. Vorsitzender Ferdinand Mader und Fahnenträger Adolf Liepold jüngst das in Olching wieder hergerichtete Fahnentuch mit neuer Bestickung in Empfang (siehe Fotoseite) Die Motive wurden mit Plattstich in feinster Nadelmalerei dargestellt, wobei besonders haltbare und farbintensive Stickgarne eingesetzt wurden.


Alte Fahne aus dem Jahr 1887 beim Festzug der 13er Kameradschaft in Ingolstadt (1960) mit Fahnenträger Michael Niemeier sowie den Begleitern Andreas Mader (li) und Michael Donaubauer (re.)
Mit männlichem Stolz trägt Michael Niemeier die 1961 neu geweihte Vereinsfahne begleitet von Adolf Liepold und Josef Ritzer beim Festzug durch die Ortsstraßen von Etting
Weihe der neuen Fahne im Jahr 1961 mit Fahnenträger Michael Niemeier u. Vorst. Lorenz Gaul
Vorsitzender Ferdl Mader und Fahnenträger Adi Liepold beim Empfang und Abholung der Fahne in Olching (2005)